Das Herborner Schloss ist auf vielen Bildern und Fotografien zu sehen. Eine eher ungewöhnliche Abbildungsweise hat der Künstler für dieses "Objekt des Monats" gewählt: Heinrich Bauer hat das repräsentative Gebäude vor mehr als 100 Jahren mittels Brandmalerei auf einer Holzplatte verewigt.

Das überaus sorgfältig gearbeitete Bild war offenbar eine Auftragsarbeit. Dafür spricht die Aufschrift "unserem hochverehrten Lehrer, Herrn Carl Betz, zum freundlichen Andenken gewidmet. Seine dankbaren Schülerinnen" steht da zu lesen. Und die Angabe "Höchst a.M., Ostern 1913".

Ins Herborner Stadtmuseum gelangte das Bild über die Urgroßenkelin des Pädagogen. Es sei Bestandteil des Nachlasses ihres Vaters gewesen. Sie berichtete auch, dass Carl Betz Lehrer in Höchst und Konrektor in Kelkheim war. Er wurde 1858 in Schönbach geboren, was auch die Motivwahl seiner Mädchenklasse für das Abschiedsgeschenk erklären mag. Er starb 1928 in Höchst.

Schwieriger gestaltet sich die Spurensuche hinsichtlich des Künstlers. "Es handelt sich eindeutig um ein Werk meines Großvaters Heinrich Bauer", schrieb dessen Enkel auf die Anfrage aus Herborn: "Er war bekannt für seine Postkarten-Lithos, seine Zeichnungen in Blei und Tusche und seine Brandmalereien." Heinrich Bauer hat wahrscheinlich in Genf den Beruf des Graveurs erlernt und war später Mitinhaber der Steindruckerei Valentin Bauer gewesen. Er habe "auch Zeichnungen in Bleistift und Kohle, Holzbrandgravuren und Postkarten" hergestellt. Die historischen Postkarten scheinen sich schon früh eines hohen Sammlerwerts erfreut zu haben: Der Enkel berichtet, dass er sie seit den sechziger Jahren gesammelt und für "etwa 180 Karten insgesamt 12 000 DM bezahlt" habe. "Seine Zeichnungen und Holzbrände sind nicht nur hier im Raume von lokalem Interesse und allgemein bekannt, sondern auch die mit den Burgen am Rhein und an der Mosel", schreibt er weiter. Leider ist der Kontakt zu dem gesundheitlich angeschlagenen Nachfahren Heinrich Bauers abgebrochen, so dass nicht einmal sein Geburtstag und Todesdatum mitgeteilt wurden.

(K. Kordesch)